Von einem Anker zum nächsten

Datum: 15. Oktober 2015
Position: 51°42,5’N, 003°22,1’E
Etmal: 24 NM
Wetter: Wasser 13°C, Luft 8°C, Wind 2 Bft.
von Jorge

Mein Tag begann wie immer damit, dass die Wecker der 8-12 Wache uns pünktlich eine halbe Stunde vor Mitternacht aus unseren Kojen holten. Als wir uns nach und nach an Deck versammelten, waren von der vorigen Wache schon Strecktaue, an denen wir uns sichern mussten, über das gesamte Deck gespannt worden, denn Wind und Seegang hatten in den letzten Stunden stark zugenommen. Weil wir den perfekten Wind der letzten Tage ausgleichen mussten, begannen wir gegen 00:30 damit, sämtliche Segel zu bergen, um das Schiff daran zu hindern, weit an unserem Ziel Vlissingen, wo am nächsten Abend eine wichtige Übung bevorstand, vorbei zu segeln. Währenddessen sorgten KP und Michael dafür, dass wohl niemand mehr weiterschlafen konnte, indem sie den Steuerbordanker fallen ließen. Daraufhin drehten wir alle Rahen unserer beiden Masten, um dem Wind eine möglichst kleine Angriffsfläche zu bieten. Als unsere Deckbeleuchtung eingeschaltet wurde, damit auch wirklich jedes Schiff uns an unserem Ankerplatz erkennen konnte, und uns auffiel, dass wir praktisch alle Taue einmal von der Nagelbank genommen hatten und nun wieder aufräumen mussten, beschlossen wir, erst einmal eine Tee- und Zwiebackpause einzulegen.

Nachdem auch diese Hürde genommen war, machten wir gemeinsam „Klardeck“ und verbrachten die letzten eineinhalb Stunden unserer Wache damit, verschiedenste Sicherheitsübungen zu wiederhohlen und uns von Heike am Radar einweisen zu lassen. Bis zum Mittagessen durfte unsere Wache schlafen. Als wir schließlich gegen 13 Uhr den Anker lichteten, half ich zusammen mit Sabine und Felix die Ankerkette ordentlich zu stauen, und wir fuhren unter Motor Richtung Vlissingen.

Nach einem frühen Abendbrot kamen drei Mitglieder der Lodug, einer Organisation zur Ausbildung von Ersthelfern, an Bord, die uns zeigten, wie schwierig Erstmaßnahmen, die ja in der Theorie alle beherrschten, mit wenig Platz unter Deck auszuführen sind. Gegen 19.30 Uhr wurden mit einem Boot der niederländischen Seenotretter Schauspieler an Bord gebracht, die geschminkt im Schiff verteilt wurden und möglichst schnell und richtig verarztet werden mussten. Nach gut eineinhalb Stunden (alle Patienten hatten überlebt), hatten einige die Chance auf dem 2000PS starken Seenotrettungskreuzer eine Runde zu drehen und alle, die uns bei der Übung geholfen hatten, wurden mit Tee, Kaffee und Kuchen versorgt. Während wir Schüler langsam in unsere Kojen krochen, ließ die Stammcrew den Anker erneut fallen, um für eine ruhige Nacht zu sorgen. Mast- und Schotbruch
Jorge

P.S.: Ich grüße alle meine Freunde und Familie in Osterholz-Scharmbeck und Villingen-Schwenningen.